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Timo

Blogtour

BLOGTOUR „HAEXED“ VON MURPHY MALONE – CASUAL QUEERNESS

Auf meinem Instagramkanal habe ich euch schon den Roman „Haexed“ vorgestellt und heute ist die Blogtour auf meinem Instagramkanal zu Gast. Leider sprenge ich dort das Zeichenlimit mit meinem Beitrag über Casual Queerness. Let’s start.

Guten Morgen und herzlich willkommen zur Blogtour zu „Haexed“ von Murphy Malone.

Heute erzähle ich euch etwas über das Thema „Casual Queerness“. Der Beitrag wird etwas länger – ihr wisst ja, ich nutze Blogtouren gerne, um auch Sachthemen zu behandeln. Also, lasst uns direkt loslegen.

Casual Queerness bedeutet, dass queere Charaktere einfach da sind. Ihre Queerness steht nicht unbedingt im Fokus der Handlung, sondern sie wird als selbstverständlich dargestellt. Dies erhöht die Sichtbarkeit. Und genau diese Sichtbarkeit brauchen wir für alle Gruppen der queeren Community.

Ein Beispiel: Ein männlich gelesener Charakter bemerkt, dass ihm der Hintern eines anderen männlich gelesenen Charakters gefällt – und das war’s. Es wird nicht weiter thematisiert, es bleibt eine beiläufige Bemerkung. Das ist Casual Queerness.

In „Haexed“ sehen wir das bei den Freund*innen von Celeste und Blaze. Murphy Malone hat mir beim Loud and Proud Bookfestival erzählt, dass ihr Umfeld sehr queer ist. Für viele queere Menschen ist es normal zu sagen: „Ich habe keinen Freund, sondern eine Freundin.“ Und das ohne weiter darauf einzugehen. Hetero-Menschen tun das ja auch nicht – es wird einfach als normal angesehen, ohne dass jemand nachfragt.

Stellen wir uns vor, ich wäre ein Charakter in „Haexed“ und würde im VR-Awesome sitzen, einen Tee trinken und durch Grindr scrollen. Wenn Celeste das bemerkt und sagt: „Da sitzt ein Typ, der trinkt Tee und scrollt durch Grindr“, wäre das Casual Queerness. Es wird beiläufig erwähnt, dass ich queer bin, aber es wird keine große Sache daraus gemacht. Es spielt für die Handlung keine große Rolle. Es zeigt einfach queeres Leben ist unter uns.

Zu diesem Thema gab es in der Buchbranche eine große Diskussion, die eine Bestsellerautorin *hust Marah Woolf hust* einfach nicht verstanden hat. Sie hat ein Video gemacht und mitgeteilt, das sie ihre Verfilmung abgesagt hat, weil eben alles queer gemacht wurde für Netflix. Eben mehr Sichtbarkeit für marginalisierte Gruppen. Gerade Netflix macht das oft und baut Queerness in Serien und Filme ein. (später mehr dazu) Nicht unbedingt spielt das eine große Rolle in den Projekten, aber die Sichtbarkeit ist da. Gerade das müssen wir in Zukunft immer mehr erreichen. Viele nicht marginalisierte Autor*innen haben Angst queere Charaktere in ihre Geschichten einzuarbeiten und machen es dann gar nicht. Sie haben Angst etwas falsch zu machen und einen Shitstorm zu bekommen. In meinen Augen muss man diese Angst nehmen und zu mehr Sichtabrkeit ermuntern. Denn alle können über alles schreiben, solange sie es mit Respekt tun. Sollte man sich mal nicht sicher sein, kann man ja Menschen aus der Community fragen, ob sie drüberlesen würden. Minzgespinst bspw bietet Sensitive Reading an. Sprich man schaut nochmal in einem eigenen Textdurchgang, das keine problematische Repräsentation im Text ist.

Wenn wir über Casual Queerness sprechen, lohnt es sich, kurz einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Früher war queere Repräsentation in Filmen, Serien und Büchern entweder gar nicht vorhanden oder sie wurde stark problematisiert. Queere Charaktere wurden oft nur über ihre Sexualität definiert, und wenn sie denn vorkamen, dann oft in Form von Klischees oder als tragische Figuren. Coming-Out-Geschichten waren fast immer mit Drama und Konflikten behaftet. Was heute an Casual Queerness so erfrischend ist: Queere Charaktere sind einfach da, ohne dass ihre Queerness ein Problem ist, das gelöst werden muss. Das ist ein enormer Schritt nach vorne. Casual Queerness zeigt, dass queere Menschen auch ohne Leidensgeschichte existieren und einfach Teil des Alltags sind – genauso wie alle anderen auch

Ein interessanter Punkt, der oft diskutiert wird, ist der Unterschied zwischen expliziter Queerness und Casual Queerness. Beide haben ihren Platz und beide sind wichtig. Während explizite Queerness oft genutzt wird, um wichtige Geschichten über queere Identität zu erzählen – zum Beispiel Coming-Out-Geschichten oder der Kampf gegen Diskriminierung –, zielt Casual Queerness darauf ab, queere Menschen als normalen Teil der Gesellschaft zu zeigen. Beide Ansätze ergänzen sich wunderbar. Es ist absolut wichtig, Geschichten zu erzählen, die queere Erfahrungen ins Zentrum stellen, aber genauso wichtig ist es, einfach zu zeigen, dass Queerness existiert, ohne dass sie immer im Mittelpunkt stehen muss. Die Balance aus beidem führt zu einer ganzheitlichen und vielfältigen Repräsentation.

Natürlich gibt es auch Kritik an Casual Queerness. Einige befürchten, dass diese Form der Darstellung die Herausforderungen und Kämpfe, denen queere Menschen in der realen Welt begegnen, unsichtbar macht. In einer Welt, in der Diskriminierung, Homophobie und Transphobie noch immer alltäglich sind, könnte es als problematisch angesehen werden, Queerness einfach nur nebenbei zu erwähnen, ohne den Schwierigkeiten, mit denen die queere Community konfrontiert ist, genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist daher wichtig, dass sowohl Casual Queerness als auch explizitere Darstellungen von queeren Lebensrealitäten ihren Platz in der Literatur und den Medien finden. Die eine Form der Repräsentation sollte die andere nicht ausschließen, sondern ergänzen.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist, wie Casual Queerness in verschiedenen Kulturen dargestellt wird. Während wir in westlichen Ländern immer mehr queere Charaktere in alltäglichen Rollen sehen, ist das in anderen Teilen der Welt oft noch nicht der Fall. In einigen Ländern wird Queerness noch immer tabuisiert oder gar kriminalisiert, was dazu führt, dass queere Charaktere entweder gar nicht existieren oder sie stark zensiert werden. Es wäre spannend, sich anzuschauen, wie Casual Queerness auch in anderen Kulturen umgesetzt werden könnte und welche Herausforderungen dabei auftreten. Gerade in globalen Produktionen von Netflix und Co. zeigt sich, dass diese Art der Repräsentation langsam auf dem Vormarsch ist – auch in Ländern, in denen das Thema noch sensibler ist.

Und von Netflix habe ich Beispiele für euch. Auch wenn ich nicht viele Serien schaue.

Ein großartiges Beispiel für Casual Queerness ist die Serie „Heartstopper“. Diese Coming-of-Age-Geschichte zeigt, wie queere Identitäten ganz selbstverständlich in den Alltag der Charaktere eingebaut werden. Während die Serie teilweise explizit auf Themen wie Coming-out eingeht, gibt es viele Momente, in denen queere Beziehungen einfach als Teil der Handlung akzeptiert werden, ohne dass viel Aufhebens darum gemacht wird. Nick und Charlie, die Hauptcharaktere, entwickeln ihre Beziehung auf natürliche Weise, und ihre Queerness wird als normaler Teil ihrer Jugend dargestellt. Auch andere Charaktere, wie Elle und Tao, zeigen, wie unterschiedlich queere Identitäten in Freundschaftsgruppen gelebt und angenommen werden können, ohne dass immer ein großes Drama daraus entsteht.

Ein weiteres Beispiel ist „Brooklyn Nine-Nine“. Captain Holt ist schwul, aber das ist nicht das zentrale Thema seiner Figur. Er ist einfach ein brillanter Polizist und Vorgesetzter, dessen Queerness genauso selbstverständlich dargestellt wird wie alle anderen Aspekte seiner Persönlichkeit.

Solche Darstellungen tragen dazu bei, queere Identitäten im Mainstream zu normalisieren.

Für viele queere Menschen bedeutet das, sich in den Medien widergespiegelt zu sehen, ohne dass ihre Identität auf ein Klischee oder eine stereotype Darstellung reduziert wird. Es trägt dazu bei, dass queere Menschen sich als selbstverständlichen Teil der Gesellschaft sehen können, und fördert damit ein positives Selbstbild. Genau das ist es, was viele marginalisierte Gruppen brauchen: Repräsentation, die sie zeigt, ohne ständig erklären zu müssen, warum sie so sind, wie sie sind.

Murphy Malone hat das in Haexed einfach großartig umgesetzt. Es gibt auch Queerfeindlichkeit, aber eben viele viele tolle Momente in denen gezeigt wird. Queer sein ist einfach normal. Solltet ihr Haexed schon gelesen haben, gibt es jetzt noch ein paar Buchtipps für euch.

“Der Orden des geheimen Baumes”

von Samantha Shannon

In diesem epischen Fantasy-Roman sind mehrere Figuren queer, darunter Sabran und Ead. Ihre sexuelle Orientierung wird

normal betrachtet, ohne dass es große Konflikte oder Coming-out-Momente gibt. Die Queerness der Charaktere ist ein natürlicher Bestandteil der Welt, und der Fokus liegt auf den politischen und magischen Konflikten.

“Ich bin Gideon” von Tamsyn Muir

In dieser Sci-Fi/Fantasy-Geschichte sind die Hauptcharaktere, darunter Gideon und Harrow, queere Frauen, aber ihre Sexualität ist kein zentrales Thema der Handlung. Die Geschichte dreht sich um Nekromantie, Intrigen und Rätsel, wobei die Identitäten der Figuren nur beiläufig erwähnt werden. Die Queerness ist in der Handlung integriert, aber spielt keine dominante Rolle im Verlauf der Ereignisse.

Weitere Beiträge findet ihr auf den folgenden Instagramkanälen:

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Die schönste Version – Einer der besten Romane des Jahres

gebunden , 272 Seiten

EAN 9783498006952

Veröffentlicht Juli 2024

Verlag/Hersteller Rowohlt Verlag GmbH

Beschreibung

Die späten Nullerjahre, frühen 2010er Jahre in einer ostdeutschen Kleinstadt: Die schönste Version erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, von der ersten großen Liebe, die alles richtig machen will. Bis es kippt. Wieder zurück in ihrem Kinderzimmer fragt Jella sich, wie es so weit kommen konnte. Sie schaut noch einmal genauer hin: auf ihr Aufwachsen in der Lausitz. Kleinstadt und Kiesgruben, Gangsterrap und Glitzerlipgloss. Auf Freundinnen, die sie durch so vieles trugen. Und auf den Moment, in dem Yannicks Hände sich um ihren Hals schlossen. Die schönste Version ist die Geschichte eines Erwachens, Erkennens, Anklagens, eine große Introspektion: Ruth-Maria Thomas schreibt über das Frauwerden, Frausein, von Körpern, Begierden und tiefen Abgründen. Mit stilistischer Brillanz, großer Leichtigkeit und Drastik erzählt Ruth-Maria Thomas in ihrem funkelnden Debütroman von den schönsten Dingen. Und den schrecklichsten.
«Ich bin beeindruckt – von der Intensität dieses Romans und der Hartnäckigkeit, mit der Ruth-Maria Thomas das Schicksal ihrer Heldin Jella zu ergründen sucht.» Julia Schoch (Das Liebespaar des Jahrhunderts, dtv 2023) «Ich wünschte, es hätte dieses Buch schon in meiner Nachwendejugend gegeben. Hier steckt so viel Wissen drin, was damals schmerzlich fehlte.» Hendrik Bolz (Nullerjahre, Kiwi 2022)
«Ich hatte mir das alles anders vorgestellt: Yannick und ich hätten einfach nur in unserer schönen hellen Wohnung gelebt, viele Pflanzen, gesundes, kräftiges Grün. Es hätte für immer nach der Minze von unserem Balkon geduftet, wir hätten befreundete Pärchen gehabt, die zum Dinner zu uns gekommen wären, wir hätten Dinner gesagt, nicht Abendbrot. Lunch, Dinner, das wäre uns ganz leicht von den Lippen gegangen. Wir hätten gemeinsam Lasagne gekocht, mit Zitronenpfeffer. Unsere Gesichter wären rötlich gewesen von der Hitze der Herdplatten, dem Wein und unseren angeregten Gesprächen. Fin. Stattdessen liege ich hier in meinem alten Kinderzimmer mit pochendem Hals und einem entrückten Gefühl. Alles kaputt, nirgendwo Minze, keine Scheißlasagne.»

Portrait

Ruth-Maria Thomas, 1993 geboren und in Cottbus aufgewachsen, war als Sozialarbeiterin in der Jugendhilfe tätig. Sie studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und ist Mitgründerin des erotischen Literaturmagazins Hot Topic!. 2022 war sie Finalistin des Open Mike. In ihren Texten, die u.-a. im Rundfunk und in Literaturmagazinen erscheinen, beschäftigt sie sich immer wieder mit den Fallstricken weiblicher Sozialisation. Zuletzt erschien ihre Kurzgeschichte Glitzer in DAS GRAMM und wie ich frau bin bei SuKuLTuR. 

Rezension

Ruth-Maria Thomas präsentiert in ihrem neuen Roman „Die schönste Version“ eine der kraftvollsten Geschichten dieses Jahres, verborgen hinter einem zunächst unscheinbaren Cover.

Inhalt
Die Geschichte beginnt in einer Plattenbausiedlung, wo das Leben von Jella und Yannick, einem Paar, das zunehmend aus den Fugen gerät, im Mittelpunkt steht. Als Jella zur Polizei geht, nachdem Yannick sie gewürgt hat, wird deutlich, wie tief die Beziehung in die Krise geraten ist. Nach diesem Vorfall kehrt Jella in ihr Elternhaus zurück, um ihre gesamte Beziehung zu überdenken. Sie reflektiert darüber, wo Fehler gemacht wurden und wie sie zu der Person geworden ist, die sie heute ist. Vor allem aber muss sie sich eingestehen, dass Yannick eine Frau wie sie nicht verdient hat. Dennoch quält sie die Frage, ob es noch etwas gibt, das sie tun könnte, um die sterbende Beziehung zu retten.

Charakterentwicklung und Konflikte
Jella steht im Mittelpunkt eines inneren Konflikts, der tief berührt. Sie hat stets versucht, Yannicks Anforderungen gerecht zu werden und alles richtig zu machen. Doch schließlich erkennt sie, dass keine positive Erinnerung die erlittene Gewalt relativieren kann. Thomas beleuchtet eindrucksvoll, wie schwer es ist, sich aus einer toxischen Beziehung zu lösen, besonders wenn man über die Jahre hinweg gelernt hat, Übergriffigkeiten als normal zu akzeptieren.

Stil und Sprache
Der Roman ist stilistisch nüchtern und klar geschrieben, ohne in blumige Phrasen abzudriften. Ruth-Maria Thomas gelingt es, den Schmerz und die innere Zerrissenheit von Jella authentisch und eindrucksvoll darzustellen. Die Leser*innen können Jellas Gedanken und Gefühle gut nachvollziehen, da sie Beziehungen widerspiegeln, die viele Menschen in ähnlicher Weise erleben.

Fazit
„Die schönste Version“ ist eine emotionale Reise zu dem Punkt, an dem man erkennt, dass es kein Zurück mehr gibt – ein notwendiger, aber schwieriger Schritt. Ruth-Maria Thomas zeigt auf erschütternde Weise, wie leicht wir dazu neigen, übergriffiges Verhalten zu übersehen oder zu akzeptieren. Dieser Roman ist ein starkes Plädoyer für Selbstachtung und den Mut, sich aus schädlichen Beziehungen zu lösen. Ich freue mich darauf, in Zukunft weitere Werke von dieser vielversprechenden Autorin zu lesen.

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Yoko oder der Autor wollte zu viel

gebunden , 332 Seiten

EAN 9783805201094

Veröffentlicht August 2024

Verlag/Hersteller Wunderlich Verlag

Beschreibung

Die faszinierende Geschichte einer Mörderin – hautnah und schonunglos erzählt Aichner von einer Frau, die selber nicht ahnt, wozu sie fähig ist. Yoko ist wie du und ich. Bis das Glück sie verlässt. Yoko ist Ende zwanzig, als sie die Metzgerei, die sie von ihrem Vater geerbt hat, in eine kleine Manufaktur umwandelt. Mit Hingabe verpackt sie fortan das Glück in Kekse, anstatt Schweinehälften zu zerlegen. Sie ist verliebt, ihr Leben ist erfüllt von Leichtigkeit, doch von einem Moment zum anderen zerbricht alles. Yoko liefert eine Kiste Glückskekse an ein chinesisches Restaurant aus, und als sie versucht, einem kleinen Hund im Hinterhof zu helfen, wird sie für ihre Courage von dessen Peinigern bestraft. Der Hund stirbt. Und Yokos Albtraum beginnt. Noch ahnt sie nicht, mit wem sie es zu tun hat. Wie viel Leid über sie hereinbrechen und mit welch ungeahnter Härte sie sich dafür rächen wird. Ihr wird alles genommen, was ihr lieb ist. Und deshalb schlägt Yoko zurück. Erbarmungslos.

Portrait

Bernhard Aichner, geboren 1972, lebt in Innsbruck und im Südburgenland. Nach seinem Germanistikstudium arbeitete er als Fotojournalist und anschließend vierzehn Jahre lang als Werbefotograf. Er schrieb mehrere Hörspiele und Romane, bis er 2014 mit seinem Thriller ‚Totenfrau‘ den internationalen Durchbruch als Autor feierte. Seine Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt, die ‚Totenfrau‘-Trilogie von Netflix und dem ORF verfilmt. Die zweite Staffel kommt Ende 2024.
Mit einer Million verkauften Exemplaren zählt Aichner zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Thrillerautoren. Er hat zahlreiche Preise und Stipendien erhalten, darunter das Österreichische Staatsstipendium für Literatur, den Burgdorfer Krimipreis, den Crime Cologne Award, den Friedrich-Glauser-Preis, zuletzt den Fine Crime Award 2023 und das Wiesbadener Krimistipendium 2024.  Die ‚Times‘ beschreibt seine Arbeit als ‚originell, kraftvoll und fesselnd‘.
Neben seinen Romanen verfasst Aichner Theaterstücke, ist Veranstalter von Österreichs größtem Krimifestival und ist auch als bildender Künstler erfolgreich.

Rezension

Viele Leserinnen und Leser behaupten, Aichinger schreibe besser als Strobel und Fitzek. Diese Meinung hat mich neugierig gemacht, weshalb ich seinem neuesten Thriller eine Chance geben wollte.

**Inhalt und Protagonistin:**
Der Thriller dreht sich um die Titelheldin Yoko, die in ihrer Vergangenheit und Gegenwart extrem grausame Dinge durchgemacht hat. Diese sind so erschreckend, dass keine Triggerwarnung ausgereicht hätte, um darauf vorzubereiten. Schon in der ersten Hälfte des Buches stellte ich mir die Frage, warum ein männlicher Autor eine weibliche Protagonistin derart leiden lässt. Yoko hat nicht nur sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit erlebt, sondern wird auch in der Gegenwart Opfer einer Vergewaltigung – und das, als sie versucht, einen missbrauchten Hund zu retten. Diese Taten bringen Yoko in Konflikt mit der chinesischen Mafia, und sie begibt sich auf einen brutalen Rachefeldzug gegen alle, die ihr Leid zugefügt haben oder es noch vorhaben.

**Stil und Umsetzung:**
Einerseits ist es erfrischend, die Wut einer Frau so ungebremst dargestellt zu sehen. Die Idee eines Revenge-Thrillers, in dem die Protagonistin keinerlei Skrupel kennt, hat durchaus ihren Reiz. Andererseits wird meiner Meinung nach jedoch zu viel auf das Trauma der Protagonistin gesetzt, um die Handlung voranzutreiben. Hier wäre eine deutliche Triggerwarnung dringend notwendig gewesen, denn selbst in einem Thriller sollte man nicht ständig mit Vergewaltigung konfrontiert werden. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Storyline von einer Autorin erzählt worden wäre. Zudem ist die Handlung insgesamt etwas weit hergeholt und nicht besonders realistisch nachvollziehbar. Trotz der generischen Satzstruktur, die typisch für das Thrillergenre ist, liest sich das Buch allerdings recht schnell und eignet sich gut für zwischendurch.

**Kritik und Fazit:**
Für meinen Geschmack gibt es in diesem Thriller manchmal einfach zu viel Blut. Die Grundidee ist interessant, doch ich denke, eine Person wie Melanie Raabe hätte das Thema besser umsetzen können. Denn für Spannung braucht es nicht zwangsläufig ein Blutbad.

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Almost isn’t enough – Wie die Interessen von BookTok einen Roman ruinieren

kartoniert , 439 Seiten

ISBN 3958187552

EAN 9783958187559

Veröffentlicht August 2024

Verlag/Hersteller Forever

Beschreibung

Secrets of Ferley
Seitdem ihr Elternhaus in Flammen aufgegangen ist, wird Summer von Albträumen geplagt. Einzig beim Kitesurfen fühlt sie sich frei. Als der mysteriöse Student Ares in ihre WG in der Kleinstadt am Meer zieht, macht er sie wahnsinnig. Doch auch vom ersten Augenblick an fühlt Summer sich zu ihm hingezogen. Nachdem Ares von ihren Albträumen erfährt, versteht er sie so gut wie niemand sonst. Denn niemand weiß, dass er ebenfalls tiefe Wunden in sich trägt. Als Summer mit Ares beginnt, die Wahrheit über den Brand ihres Elternhauses aufzudecken, stoßen sie auf eine schockierende Verwicklung in Ferley …

Portrait

Jennifer Bright wurde 1993 in Hannover geboren. Zusammen mit ihrem Mann und ihrer Katze lebt sie noch heute in der niedersächsischen Hauptstadt. Sie trinkt mehr Kaffee, als es gut für sie wäre, und kann sich kein Leben ohne Katzen, Bücher und Serien vorstellen. Auf Instagram (@wort_getreu) und TikTok (@jennifer.bright) teilt sie ihre Leidenschaft dazu.

Rezension

Dieses Buch hätte mein Jahreshighlight sein können, doch leider hat es mich am Ende enttäuscht. Aber fangen wir von vorne an: Summer musste miterleben, wie ihr Elternhaus in Flammen aufging. Niemand weiß, wer dafür verantwortlich ist. Summer weiß nur, wie viel sie in diesen wenigen, kostbaren Momenten verloren hat. Um ihren Kopf freizubekommen, widmet sie sich dem Kitesurfen. Niemand versteht sie wirklich, bis Ares in die Stadt kommt. Viele sehen in ihm den typischen Bad Boy und einen schlechten Einfluss, aber auch er trägt seine eigenen Lasten.

Die Geschichte klingt zunächst wie ein reines Klischee in diesem Genre, und ehrlich gesagt hatte ich ähnliche Erwartungen, als ich das Buch als Ferienlektüre am Flughafen kaufte. Trotzdem habe ich es nicht bereut. Auf emotionaler Ebene ist das Buch eine Wucht. Jennifer Bright schreibt auf eine wunderbar poetische Art, die die Gefühle der Figuren intensiv zum Ausdruck bringt.

Das große Problem des Buches ist jedoch die Erotik, die den Plot zu überlagern versucht. Die emotionale Bindung zwischen Summer und Ares entwickelt sich so schön und gefühlvoll, doch dann kommen die beiden viel zu schnell auf körperlicher Ebene zusammen. Es wirkt, als wären diese Szenen nur eingefügt worden, um das Buch in der BookTok-Community populärer zu machen. Dabei würde die Geschichte auch ohne die erotischen Szenen hervorragend funktionieren.

Abgesehen davon habe ich kaum etwas an dem Buch auszusetzen. Die Auflösung der Geschichte war spannend und überraschend – ich bin ehrlich gesagt nicht darauf gekommen, wie sich alles entwickeln würde.

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Die Emanzipation der Katja Oskamp – Die vorletzte Frau

gebunden , 208 Seiten

EAN 9783988160201

Veröffentlicht August 2024

Verlag/Hersteller park x ullstein

Beschreibung

Die Geschichte einer Frau und ihrer Liebe
‚Als ich Tosch begegnete, war ich dreißig, er neunundvierzig. Neunzehn Jahre betrug der Altersunterschied. Neunzehn Jahre währte auch unsere Beziehung, eine merkwürdige Übereinstimmung. Ich hatte bis fast zum Schluss das Gefühl, wir hätten uns gerade erst kennengelernt, würden aber bald, in naher Zukunft, zum Kern vordringen. Später dachte ich darüber nach, ob alles so gekommen wäre, wie es gekommen war, wenn Tosch während der neunzehn Jahre nicht krank und ich während der neunzehn Jahre nicht alt geworden wäre.‘

Portrait

Katja Oskamp, geboren 1970 in Leipzig, ist in Berlin aufgewachsen. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft arbeitete sie als Dramaturgin am Volkstheater Rostock und studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Bisher wurden von ihr der Erzählungsband Halbschwimmerund die Romane Die Staubfängerin und Hellersdorfer Perle veröffentlicht. 2019 erschien bei Hanser Berlin Marzahn, mon amour, für dessen englische Ausgabe sie 2023 zusammen mit der Übersetzerin den Dublin Literary Award erhielt.

Rezension

Von Katja Oskamp habe ich bereits Marzahn, Mon Amour gelesen, und war daher gespannt auf ihr nächstes Werk. In diesem Roman tritt Oskamp selbst als Protagonistin auf. Sie ist mit einem Musikdirektor verheiratet, trennt sich jedoch von ihm, nachdem sie den Schriftsteller Tosch kennenlernt. Auch Tosch trennt sich von seiner Partnerin. Er ist etwa 20 Jahre älter als sie und ein bekannter Schweizer Schriftsteller, der zugleich ihr größter Förderer wird – allerdings unter strengen Bedingungen. Sie darf ihn nur zu bestimmten Zeiten anrufen, seine kreative Phase darf keinesfalls gestört werden, selbst im Urlaub nicht.

Ich muss sagen, dass ich diese Beziehung als ziemlich toxisch empfunden habe. Doch dann kommt der Twist: Der Schriftsteller erkrankt an Prostatakrebs. Oskamp beginnt daraufhin eine Ausbildung zur Fußpflegerin, worüber wir in Marzahn, Mon Amour mehr erfahren. Ihr Ziel ist es, unabhängig von ihrem Partner zu sein und sich ein eigenes Leben aufzubauen. Sie pflegt ihren kranken Mann, kümmert sich um die gemeinsame Tochter und arbeitet nebenbei. Bekommt sie dafür die Anerkennung, die sie verdient? Natürlich nicht. Ihr Ehemann ist zudem alles andere als begeistert von ihrer neu gewonnenen Unabhängigkeit.

Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, diese Rezension zu schreiben, da das Buch so tabulos ist. Katja Oskamp ist ihren Weg gegangen, und doch fühlt es sich unangenehm an, so intime Einblicke in ihr Leben und das ihres Partners, der gegen den Krebs kämpft, zu erhalten. Gleichzeitig bleiben diese Einblicke jedoch oberflächlich. Ich frage mich, warum Themen wie die Krankheit, der Altersunterschied und die Reaktionen ihres Umfelds angesprochen werden, wenn sie nicht weiter vertieft werden. Wie denkt beispielsweise die Tochter über all das? Diese Fragen bleiben offen.

Das Buch regt auf jeden Fall zum Nachdenken an – insbesondere darüber, wie wir das Altern in unserer Gesellschaft wahrnehmen. Katja Oskamp zeigt sowohl die positiven als auch die negativen Seiten einer 19-jährigen Beziehung, und das ist einer der stärksten Aspekte dieses Romans.

Timos Gedanken

Von Buchhandlungen, Altersbegrenzungen und falschem Marketing

Reden wir heute mal über eine gefährliche Entwicklung in der Branche und beleben diese Seite endlich wieder.

In letzter Zeit fällt mir immer häufiger auf, dass in Buchhandlungen Bücher mit stark erotischen Inhalten in unmittelbarer Nähe von Jugendbuchbereichen platziert werden. Am liebsten würde ich den Buchhandlungen die Schuld dafür geben, aber so einfach ist das nicht. Denn auch die Verlage tragen eine erhebliche Verantwortung für diese Entwicklung. Die Jugendbuchverlage haben vor 2 oder 3 Jahren erkannt, wie erfolgreich LYX mit New Adult Romance war. Übrigens ist das kein neues Genre – es war schon damals, als LYX noch zu Egmont gehörte, in den Erotikabteilungen zu finden. Cora Carmack hat damals den Anfang gemacht.

Als LYX dieses Subgenre der Romance wieder aufgriff, haben sie es an eine sehr junge Zielgruppe vermarktet – die Zielgruppe, die normalerweise bei Verlagen wie Carlsen einkauft. So begann die Aufweichung der Grenzen im Jugendbuchbereich.

Die Jugendbuchverlage nahmen ähnliche Bücher in ihr Programm auf und vergaßen dabei völlig, dass dies eigentlich gar nicht ihre Zielgruppe ist. Mit dem Aufstieg von TikTok verwischten die Grenzen immer mehr. Einige Verlage hinkten dieser Entwicklung hinterher und beginnen erst jetzt, New-Adult-Stoffe zu veröffentlichen. Stichwort: Oetinger, bei denen gefühlt sowieso nichts funktioniert außer Panem oder Tintenwelt. Viele Verlage kaufen aus Unwissenheit Adult-Romance-Stoffe ein, mit Protagonist*innen um die 30. Diese Bücher werden hier als New Adult vermarktet und liegen teilweise sogar im Jugendbuchbereich – das ist einfach völlig falsch.

Man könnte nun denken, belesene Buchhändler*innen wären intelligenter und könnten die Warengruppen korrekt zuordnen. (Zur Klarstellung: Die Warengruppe 112 steht für Belletristik, nicht für Jugendbuch – das wäre Warengruppe 260.) Doch durch die Auflösung der Erotikabteilungen in vielen Buchhandlungen wird alles, was älter als BookTok ist, anders etikettiert. Thalia ist inzwischen sogar so weit, dass in nur fünf Metern Entfernung vom Jugendbuchbereich Dark Romance angeboten wird. Ich habe schon oft Jugendliche unter 16 Jahren gesehen, die ein Dark Romance-Buch kaufen wollten.

Erst gestern wieder: Ein 12- oder 13-jähriges Mädchen wollte ein Dark Romance-Buch aus dem Vajona Verlag kaufen. Ich war so frei und erklärte den Eltern, was ihr Kind da zu lesen versuchte. Am Ende verließ das Kind die Buchhandlung mit einem Jugendbuch ab 14 Jahren. Nicht optimal, aber immerhin besser.

Mit einer deutlichen Alterskennzeichnung durch Verlag und Buchhandlung wäre so etwas nicht passiert. Ein großes Problem ist, dass man inzwischen auch anhand des Covers das Alter der Zielgruppe kaum noch erkennen kann. Früher gab es klare Unterschiede, doch heute sieht vieles gleich aus.

Einige Verlage meinen auch, sie müssten mit KI-generierten Farbschnitten die Leser*innen anlocken. Früher waren es glitzernde Veredelungen und Märchenstil-Cover von Künstlern wie Alexander Kopainski oder Marie Graßhoff (zu Zeiten des Sternensand- und Drachenmondhypes), heute sind es gestaltete Buchschnitte. Gleichzeitig sparen die Verlage an allen Ecken, um kostengünstiger zu produzieren. Manche versuchen sogar, Übersetzungen und Cover von KIs erstellen zu lassen.

Vielleicht könnten Autorinnen einfach klar kommunizieren, ab welchem Alter ihre Bücher geeignet sind. Überraschung: Die Eltern tragen hier nicht die Schuld. Besonders dann nicht, wenn du als Erotikautorin (denn nichts anderes ist Dark Romance) wissentlich Minderjährige auf deinen Lesungen duldest. In diesem Fall liegt die Verantwortung bei dir als Autorin, diese Jugendlichen von der Veranstaltung auszuschließen und im Vorfeld eine klare Altersempfehlung für deine Lesung festzulegen.

Aber mal ehrlich: Wir brauchen dringend ein FSK-System für Bücher. Und im besten Fall sollte beim Buchkauf auch eine Ausweiskontrolle erfolgen.

Um etwas Positives zu erwähnen: Der Carlsen Verlag schreibt zumindest die Altersempfehlung in die Beschreibung. Das könnten sich auch andere Jugendbuchverlage zum Vorbild nehmen. Vielleicht sollten sie sich auch wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Alternativ könnten sie ein eigenes Adult-Label gründen und dieses klar von den anderen Büchern abgrenzen. Ars Edition hat beispielsweise mit Enchanted ein spezielles Jugendbuchlabel ins Leben gerufen. Sie bringen die YA-Fantasy-Titel, die man eigentlich eher bei den großen Verlagen erwartet hätte.

Penguin hat es auf die Spitze getrieben. Früher hatte Randomhouse für alle seine Unterverlage eigene Social-Media-Kanäle. Heute gibt es nur noch einen Kanal für alle. Die Individualität der Jugendbuchverlage innerhalb der Gruppe ist verloren gegangen. Stattdessen dominieren nur noch New Adult Romance oder Dark Romance – eine sehr traurige Entwicklung.

Selbst die Frankfurter Buchmesse hat keine Ahnung von diesem Einheitsbrei. Warum auch? Sie hat sich nie ernsthaft mit der Materie auseinandergesetzt, sondern lieber marginalisierte Menschen verhöhnt, indem sie Rassisten auf die Messe eingeladen hat. Nein, liebe Buchmesse: Dark Romance ist kein New Adult und gehört auch nicht in dessen Nähe. Genres, die nicht als „literarisch genug“ galten, wurden vom Börsenverein belächelt und ignoriert. Jetzt, da diese Genres erfolgreich sind, weiß man nicht, wie man damit umgehen soll.

Mal ehrlich: Zu diesem Thema könnte ich mittlerweile Vorträge halten und Themenabende veranstalten. Aber es tut sich nichts. Die Branche muss endlich aktiv werden, anstatt die Verantwortung ständig weiterzuschieben.

Interview

Genial,raffiniert und empowerned – Mareike Fallwickl

Mareike Fallwickl steht für gute Bücher, in denen sie den Finger in die Wunde legt.

Vor kurzem durfte ich die großartige geniale Mareike Fallwickl vor ihrer Lesung in Mannheim zu einem kleinen Interview sprechen. Ihr aktueller Roman „Die Wut die bleibt“ hat nicht nur mich von den Socken gehauen, sondern auch viele andere Frauen, die von den Problemen betroffen sind, die Mareike Fallwickl eben in ihrem Roman anspricht

Timo: Beschreibe dein Buch in 3 Worten

Gut, raffiniert und Empowernd

Timo: Dein Buch beginnt recht speziell, wie bist du darauf gekommen diese Geschichte mit diesem Knall starten zu lassen.

Als wir im Februar 2021 im tiefsten Lockdown waren, habe ich fast jeden Tag Nachrichten bekommen von Freundinnen, von Frauen, die Mütter sind und geschrieben haben „Ich will nicht mehr, ich springe jetzt einfach vom Balkon“.Und, dieser hypothetische Satz hat mich auf einmal so richtig elektrisiert, was passiert, wenn eine Frau das wirklich macht, was für eine Geschichte kann, dann entstehen. So hat das alles angefangen

Timo: Warum wird man in unserer Gesellschaft nur gehört, wenn man wütend ist:

Es hängt vermutlich mit einer gewissen Lautstärke zusammen, aber ich bin mir gar nicht so sicher und ich glaube, das ist die Frage, die ich mit meinem nächsten Roman beantworten will. An dem plotte ich gerade herum und der wird gar nicht so wütend sein und trotzdem geht es um all diese Probleme, insbesondere strukturelle Ungleichheiten. Ich habe die Wut ausprobiert und jetzt schaue ich mal was geht, wenn man leise ist. (Wird bei Rowohlt erscheinen)

Timo: I’m so sick of running as fast as I can, wondering if I’d get there quicker
If I was a man  – Diese Zeile sang Taylor Swift in ihrem Song „The Man“ – Wie siehst du das?
Werden Männer besser behandelt für Dinge, die eigentlich Frauen tun und keine Anerkennung erhalten. Wären Frauen erfolgreicher, wenn Sie Männer wären

Ja, einerseits, ich finde es aber auch schwierig, das so zu formulieren, weil es einerseits heißt Frauen müssen sich verhalten wie Männer, um Erfolg zu haben. Es bedeutet aber eigentlich nur, dass wir alle die ganze Zeit die Strukturen reproduzieren und sie nicht verändern.

Timo: Warum bleibt Care-Arbeit in deinen Augen immer an Frauen hängen, warum macht sich nichtmal ein Mann nützlich.

Wir haben es im Moment, es wird nicht immer so bleiben, so strikt diesen Geschlechterrollen zugeordnet. Wir haben Weiblichkeit mit Care Arbeit so eng verknüpft, dass es für Männer extrem schwierig ist. Männer sind da gar nicht die schuldigen und die Bösewichte genauso in ihrer toxischen Männlichkeit gefangen und haben eine andere Art von Verantwortung. Sie wissen oft auch gar nicht, dass diese Dinge erledigt werden müssen. Männer werden ja oft auch von der Oma und der Mama abgeschirmt, seit sie klein sind. Und ihnen etwas vorzuwerfen, von dem sie gar nicht wissen, wie sie es tun, finde ich auch schwierig. Deswegen muss jede Familie individuell eine Lösung finden, aber generell sind es gesellschaftliche, stereotypische Strukturen.

Timo: Wie brechen wir diese Stereotypen deine Meinung nach

Ich setze auf die nächste Generation. Ich setze ganz konkret auf meine Kinder, die jetzt das Ganze anders vorgelebt bekommen, also die Eltern, die teilen alles 50/50. Da ist jetzt auch die ganze Woche während meiner Lesereise der Papa da und macht Essen, hilft bei den Hausaufgaben, eben alles was anfällt. Und mein Sohn sagt Sachen wie: Es gibt Arbeitgeber, die lassen die Väter nicht bei ihren Kindern zu Hause sein? Dann arbeite ich da nicht.

Ja, ich glaube es wird ganz viel über Forderungen passieren müssen, im Moment gibt der Arbeitsmarkt solche Modelle nicht her, weil er eben auch nicht muss.

Timo: Was war das schwierigste am Enstehungsprozess des Buches für dich?

[lacht] Ich weiß nicht, es gibt immer irgendwie dieses Klischee oder die Meinung Schreiben müssen immer schwer und anstrengend sein. Man müsse dabei leiden und im deutschsprachigen Raum darf man nicht Spaß haben beim Schreiben weil dann könnte es ja nichts Wert sein. Unterhaltung sei ja sowieso nichts wert. Aber ich hatte gerade total viel Spaß. Ich habe viele Tabus gebrochen. Bspw über die Körperlichkeit zu reden und über die Gewalttätigkeit im offenen Raum. Zum Beispiel was Lola und Ihre Freund*innen da machen und dann noch Sarah in diese ganze Care Arbeit Berge reinzuwerfen. Das hat soviel Spaß gemacht, weil es irgendwie alles aufbricht. In der Literatur kann ich das machen was in der Realität nicht passiert Das schwierigste war wahrscheinlich bei diesem Konzept der ersten Seite zu bleiben und das durchzusetzen, das die bestehen bleibt. Als es dann an die ersten Verlage rausging, habe ich mir gedacht, wie werden die reagieren. Aber die wollten das Buch haben, zum Glück bin ich bei meinem Konzept geblieben.

Timo: Wie ist es für dich Bloggerin und gleichzeitig Buchautorin zu sein

 Ich sehe mich nicht als so wichtig, also abgesehen davon, dass ich in erster Linie zum Lesen anregen will. Das heißt meine Lieblingsbücher vorstellen, die ich geil finde und wenn ich mal was nicht so gut finde, kann ich mir nicht vorstellen, das die Kolleginnen dann sagen „Die Fallwickl hat mein Buch zerissen“ Ich bin ja nur ein Stimmchen.

Timo: Was ist dein aktuelles Lieblingsbuch

Ich bin nicht so verhaftet an den Büchern, die ich so lese. Gerade lese ich Mareike Kaiser, ich mochte Blutbuch von Kim de L’horizon weil es mich so herrausgefordert hat auf sprachlicher Ebene „Was tust du mit mir“ und das mag ich, wenn die Lektüre im Kopf Kreise zieht und Menschen beschäftigt. Es gibt so viele Bücher, die wirklich gut sind.

Hier habe ich ein paar Empfehlungen:

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The 99 boyfriends of Micah Summer by Adam Sass

The wonderful @theadamsass has a new book which is coming out at September 20th… and damn. I LOVE IT. It was such a cute heartwarming story. If you loved What if it’s us you definitely have to read this book. It’s about Micah who is quite popular on instagram. He love dates and draws his dates for his Instagram community. 99 so far. But there is one problem. They are just imagination. He is to shy to talk in real with his crushes. When he found the special jacket of his dream guy in the train he wants to find him. Will Boy 100 be his first boyfriend?
@theadamsass wrote a cute YA rom-com which will light up your heart. This is a Cinderella story, I fall head over kneels for. Adam Sass will entertain you in the best possible way. If Adam Sass broke your heart with #surrenderyoursons, he will heal it with #the99boyfriendsofmicahsummers
All can I say is that I was enchanted to meet you Micah.

Timos Filmtipp

Timos Filmtipp für den Pride Month

Im Moment denken manche es gibt nur Heartstopper als queeren Film. Doch dem ist definitiv nicht so. Einmal im Moment werde ich euch ein queeres Highlight vorstellen. Serie oder Film. Bücher gibt es natürlich weiterhin ohne Limit. Wie vielleicht einige von euch wissen habe ich eine kleine Schwäche für Klassiker.

Im Jahre 1977 sorgte dieser Film von Produzent Bernd Eichinger für einen Skandal. Eine brisante Geschichte, die die damals die Gemüter von Konservativen hochkochen ließ. Der Film basiert auf dem autobiografischen Roman. (Erschienen im Fischer Verlag). Martin (gespielt von Jürgen Prochnow) wurde verurteilt, weil er einen jüngeren Mann verführte. Im Schweizer Gefängnis lernt er den Sohn des Aufsehers kennen, Thomas (gespielt von Ernst Hannwald) und entwickelt eine tiefe Verbindung zu ihm. Während Thomas Vater will, dass sein Sohn umgehend eine Ausbildung macht, will Thomas selbst weiter lernen und zur Schule gehen.

Als Thomas Vater die Liebelei seines Sohnes mitbekommt, schickt ihn sein Vater in eine Umerziehungseinrichtung, die ihn soweit mental bricht, dass er am liebsten nicht mehr Leben möchte.

Dieser Film überzeugt einfach auf mehreren Ebenen und lässt einen sprachlos zurück. Und auch wenn der Film schon fast 50 Jahre alt ist, so passt die Aktualität noch immer. Es gibt immer noch Eltern, die ihre Kinder nicht akzeptieren. Und genau das sieht man. Es passt nicht in das „normale“ Weltbild und die Eltern wollen ihre Kinder unbedingt in dieses normale Weltbild hineinzwängen und nicht auf das hören, was ihre Kinder selbst wollen.

Genau das zeigt auch hier der Film sehr gut. Alles, was nicht ihrem Weltbild entspricht, ist kriminell. Und mit der richtigen Menge an Prügel und Isolation erreiche man ja das gewünschte Ziel. Im Film sehen wir gut, wie Martin an dieser psychischen und physischen Folter zugrunde geht, wie ihn das Stück für Stück verändert.

Die Geschichte wird zum größten Teil von Martin erzählt und nimmt einen richtig mit. Natürlich gibt es gewisse Plotpunkte die für eine große Portion Drama sorgen, aber trotz allem fühlt sich der Film real an.

Die Schauspieler haben ihre Sachen wirklich gut gemacht. Die Schnittpunkte waren gut gesetzt. Der Film wird definitiv nachdenklich stimmen und ist nicht kein Film über Freude. Ich möchte euch nicht zu viel vorwegnehmen, doch die Geschichte von Thomas und Martin enthält noch ein weiteres Themenfeld, über das man nachdenken muss. Wie weit geht man, wenn man im eigenen Umfeld inkl. Wohnort nicht akzeptiert wird?

Heute erscheint der Film endlich auf DVD und BluRay und wer jetzt Lust hat diesen Film zu schauen sollte doch mal auf meinem Instagramaccount vorbeischauen, da habe ich noch eine Kleinigkeit für euch. Ich wünsche euch einen schönen Filmabend.

Euer Timo <3

Am 13.08.2022 gibt es den nächsten Filmtipp 😀