Timos Gedanken

Schwule Literatur nervt?

 

 

Gay Romance war ein Genre indem ich mich direkt zu Beginn wohlgefühlt habe, aber das hielt nicht lange. Inzwischen nerven mich einige Punkte in diesem Genre. Im Übrigen ist dieser Beitrag eine Zusammenarbeit von Kai [@Fantasticbooksandwheretofindem http://www.instagram.com/fantasticbooksandwheretofindem] und mir Timo.
Sowohl Kai, als auch Ich haben schon sehr viele schwule Bücher gelesen. Ich werde euch im ersten Teil meine Punkte nennen, die mich in einigen Gay Romance Romanen stören und in Teil zwei wird Kai euch positive Gründe und entsprechende Lesetipps geben.


Um es à la Christian Lindner zu sagen es ist besser nicht zu repräsentieren als falsch zu repräsentieren.
Viele Autoren haben offenbar kaum Ahnung von Homosexualität – da sie eben nicht homosexuell sind oder sich gar nicht für die Community interessieren, – und benutzen nur Klischees und genau das ist schädlich, es wirft ein falsches Licht auf die gesamte Community.

Klischee Nr.1: Die heterosexuelle modeverrückte beste Freundin
Dieses klischee kotzt mich wirklich an, denn ein homosexueller Charakter wird immer als nettes Accesoire angesehen in der Verbindung dass Schwule immer einen hervorragenden Modegeschmack haben müssen. Ganz besonders hat sich Sarina Bowen dieses Klischess in Ivy Years 3 genutzt, was ich einfach nur schade finde. Kann es nichtmal ein guter Kumpel sein dessen Sexualität ihn nicht automatisch zum Modeberater macht?

Klischee Nr.2: Schwule wollen immer und überall Sex …. Ganz ehrlich das stimmt so überhaupt nicht. Nicht jeder vögelt jeden ausgiebig. In diesem Kontext muss man immer sagen, das auch nicht jedes erste Mal perfekt ist. [Zu diesem Thema hat David ein tolles Video gedreht ] Die Darstellung von notgeilen Schwulen als Norm muss aufhören. Ich rege mich jedes Mal auf wenn in Rezensionen Punktabzug wg mangelnder Erotik gegeben werden.

Klischee Nr.3: Homosexuelle reden immer speziell – ich kenne kaum einen Menschen der so spricht um es mal ehrlich zu sagen. Das zeigt einfach das manche Autoren keinen homosexuellen Mensch kennen bzw sich keine Gedanken über deren realistische Darstellung machen.

Klischee Nr.4: In einem Großteil aller Gay Romance Romanen wird das Coming Out dramatisiert, das ist wirklich schade. Ein Großteil unserer Gesellschaft ist inzwischen toleranter und findet es nicht wichtig. Liebe AutorInnen versucht es doch mal mit normalen emotionalen Szenen und ohne vorhersehbares Drama. Einen Großteil meide ich exakt deshalb.

Neben den Negativbeispielen und schlechten Darstellungen von schwulen Charakteren in Romanen, gibt es natürlich auch viele gelungene Beispiele. Worauf ihr bereits im Voraus achten könnt, bevor ihr zu einem Buch mit LGBT-Inhalt greift, ist ob das Buch von einem Mitglied der LGBT-Community geschrieben wurde. Solche Bücher nennen sich OwnVoices Romane. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein schwuler Autor realistische schwule Figuren schreibt ist recht groß, da er schließlich die gleichen Erfahrungen gemacht hat wie seine Charaktere. Natürlich schließt das nicht aus, dass es auch respektvolle und tolle Bücher über Menschen auf dem Spektrum gibt, die von heterosexuellen AutorInnen geschrieben wurden. Hier kommen wir gleich zu meiner ersten Empfehlung, welche Euch mit großer Wahrscheinlichkeit schon bekannt ist:

  L E S E T I P P S 

1. Love Simon/Nur Drei Worte von Becky Albertalli:
Ein fluffiger, leichter, herzerwärmender Roman über Freundschaft, Familie und die erste große Liebe.

2. Eine Woche für die Ewigkeit David Levithan & Nina LaCour (We Are Okay)
Ein in abwechselnden Blickwinkeln erzählter, sehr romantischer Roman über zwei schwule und lesbische Teenager über Liebe und Wahrheit. An dieser Stelle lässt sich auch Nina LaCours unglaublich gefühlvoller lesbischer Roman We Are Okay empfehlen (welcher leider keine deutsche Übersetzung hat).

3. So beschissen schön ist nur das Leben Shaun David Hutchinson
Das Buch steht hier nur als Lückenfüller für all jene außerordentlichen Bücher die der OwnVoices Autor bis jetzt geschrieben hat (wirklich, lest sie alle!). Der Autor schreibt oft über Verlust und Depression. Seine Romane nehmen einen oft sehr dunklen Ton an, sind eben deswegen gefühlvoll und original. Und komplett klischeefrei.

4. Die Mitte der Welt von Andreas Steinhöfel
Ein Klassiker der deutschen Jugendbuchliteratur und das völlig zu Recht. Während bei Love, Simon das Coming Out eine zentralere Rolle spielt, kommt es in diesem Roman nie zu einem. Phil ist schwul und seine Familie hat dies von Beginn an kommentarlos akzeptiert. Steinhöfels Schreibstil und die nostalgischen Rückblicke in Phils Kindheit sind herzzerreißend schön und realistisch.

 

5. Heartstopper von Alice Oseman
Der Graphic Novel, von Alice Oseman selbst verfasst und gezeichnet, ist kostenlos auf Tumblr zu finden. Für diejenigen, die ihn aber doch lieber im Regal stehen haben ist er ab Februar in Englischer Sprache zu erhalten. Er erzählt die Geschichte wie der schüchterne Charlie sich in seinen Mitschüler Nick verliebt und sich langsam eine zarte und wunderschöne Beziehung zwischen den beiden entwickelt. Für alle, die Nick und Charlie jedoch lieber auf Deutsch treffen wollen, lohnt es sich einen Blick in Osemans Roman Solitaire (erschienen bei DTV) zu werfen, wo sie als Nebencharaktere auftreten.

6. Und Timos absoluter Tipp ist natürlich „Was mir von dir bleibt“ von Adam Silvera. Kein Mensch schafft es solche Emotionen  mit Worten wie Silvera zu entfa hen. Gefühlsvoll und autentisch beschreibt der Bestsellerautor Homosexualität in Kombination mit Themen wie Trauer und dem Sinn des Lebens.

Es gibt leider viele Romane die schwule (und andere LBT+) Geschichten ausnutzen, fetischisieren und problematisch darstellen. Vor allem wenn heterosexuelle AutorInnen meinen, schwulen Sex darstellen zu müssen wird es ganz kritisch. Umso mehr freut es mich, dass es so tolle Werke wie oben genannt gibt. Aus dem Grund ist es wichtig, schwule, lesbische und transsexuelle Autoren zu unterstützen und ihrer Arbeit Aufmerksamkeit zu schenken. Je vielfältiger die Stimmen auf dem Literaturmarkt sind, umso bunter und schöner wird unsere Welt.

 

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1 Comment

  • Reply Johannes Riegler 7. November 2019 at 18:10

    Das ist lustig, mal alle nervigen Punkte vereint zu lesen – denn genau die waren der Grund, warum ich irgendwann selbst einen Roman geschrieben habe, in dem meine zu Teil queeren, zum Teil bisexuellen, zum Teil homosexuellen und im Endeffekt einfach nur menschlichen Protagonisten ganz normale Leben haben, ganz normale emotionale Achterbahnfahrten, die nicht dadurch ausgelöst werden, dass sie schwul/bi oder anderweitig sexuell sind, sondern dadurch, dass sie Menschen sind.

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